2019

Kieler Nachrichten

Zwischen Himmel und Hölle - Die Kieler Pianistin Shin-Heae Kang feiert ihr gelungenes CD-Debüt mit Liszt beim Label Oehms Classics

Kieler Ausnahmetalent debütiert mit Liszt

Es gibt nicht so viele Pianisten, die eine handschriftliche Empfehlungshymne von einer Tastenzauber-Ikone wie Martha Argerich in ihrer Debüt-CD abdrucken können. Die argentinische Künstlerin erkennt in der 1987 in Kiel geborenen Shin-Heae Kang eine „großartige Pianistin“, die nicht nur über eine „superbe“ Spieltechnik, sondern auch über eine „ernsthafte und hingebungsvolle Musikalität“ verfüge.

Beim Hineinhören in Kangs Debüt-CD gibt es keinerlei Anlass, dem auch nur ansatzweise zu widersprechen. Unterstützt vom NDR und noch angeschoben vom legendären Label-Gründer und Talent-Förderer Dieter Oehms hat die Musikerin in der Friedrich-Ebert-Halle von Hamburg-Harburg für Oehms Classics eine rundum gelungene CD mit Werken von Franz Liszt aufgenommen. Neben delikat aufgeblätterter Poesie im dritten Lisztschen Liebestraum oder seiner Bearbeitung von Schumanns Widmung begeistert vor allem die erzählerische Ausdruckskraft, mit der hier die Dante-Sonate aus den Années de Pèlerinage: 2ème année: Italie zwischen Hölle und Himmel ausbalanciert wird. Der Klavierklang ist wunderbar erdig und volltönend, die Melodienlinien erscheinen elegant gesungen.

„Ich durfte mir einen der Steinway-Flügel in der Laeiszhalle dafür aussuchen“, erzählt das in der Nähe von Kiel und in Hamburg lebende und übende Multitalent, das unter anderem noch Gitarre studierte und einst Landesmeisterin in rhythmischer Sportgymnastik war. „Und während ich dort im Keller die Grandes Études de Paganini ausprobierte, passierte etwas Lustiges: Die Geigerin Vilde Frang stürmte kurz vor ihrem eigenen Konzert hinein und tauschte sich mit mir über die Paganini-Vorlagen aus, die sie gespielt und Liszt bearbeitet hatte. Wir haben Verbindung aufgenommen. Eine schöne Begegnung war das!“

Man hört prompt viel Paganini-Grundlage bei Kang: Die hochvirtuosen Etüden, die so manche Pianisten eher zu zirzensischen Kapriolen und technischer Selbstdarstellung als zum Musikmachen anregen, verraten unter ihren Händen überall den thematischen Kern, tönen plastisch und schön. Die Liszt-Faszination begann für Shin-Heae Kang schon im Alter von nur sieben Jahren. Seitdem hat sie etliche seiner Werke stets im Repertoire, forscht in der Musik und dem Leben des Romantikers, begeistert sich für seine Persönlichkeit.

Kang ist sehr froh, „dass alles bei der Produktion der CD stimmig gelaufen ist“. Sie hat versucht, das eingespielte Repertoire „in der Interpretation von Null zu beginnen“ und es bewusst nicht mehr in Konzerten gespielt, um zu einer von Grund auf erfrischten Ausdruckshaltung zu finden. In Berichten von Liszt-Schülern hat sie Besonderheiten in dessen eigenem Spiel nachgespürt: „Die Differenzierungen des Anschlags beispielsweise zwischen dem vierten und fünften Finger, die nuancenreichen Klangfarben selbst innerhalb eines Trillers müssen frappierend gewesen sein. Schumann hat ihn nicht umsonst als Genie des Ausdrucks bezeichnet.“

Shin-Heae Kang hat sich nach dem Abitur an Kiels Max-Planck-Schule regelrecht durchgekämpft durch die strenge Schule von Karl-Heinz Kämmerling (1930-2012) an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Zwischen den „radikalen Perfektionsansprüchen“ des Professors, der ganz unterschiedliche Klaviergrößen wie Lars Vogt, Igor Levit, Ragna Schirmer oder Herbert Schuch geprägt hat, habe man sich und seine eigenen Interpretationsansätze durchsetzen müssen. Gestählt für das Musikbusiness mit seinen manchmal amoralischen Berufsbedingungen sei sie daraus hervorgegangen. Den freieren Atem im Umfeld von Martha Argerich empfindet die Pianistin als besonders glückliche Kombination: „Ein bisschen wie Nordund
Südpol fühlt sich das an“, lacht Shin-Heae Kang.

„Uns verbindet ein enges Vertrauensverhältnis“: Kang war Teil von Argerichs Festivalfamilie in Lugano und besucht sie immer wieder in Brüssel, wo sechs Flügel im Wohnhaus besonders viel Entfaltungsmöglichkeit bieten. Demnächst mit besonderem Grund zu gemeinsamem Proben im deutschen, englischen und französischen Dialog-Mix: Argerich hat Kang ausgewählt, mit ihr am 10. Januar das Neujahrskonzert im Kuppelsaal des Congress Centrums von Hannover zu bestreiten. Unter der Leitung von Andrew Manze wird Francis Poulencs Doppelkonzert an zwei Klavieren gespielt. „Ein typisches Martha-Argerich-Stück, erfüllt mit viel Humor ...“

RADIO BREMEN - BREMEN ZWEI

(…) Die Pianistin Shin-Heae Kang wurde 1987 in Kiel geboren und war Schülerin des legendären Karl-Heinz Kämmerling. Seit vielen Jahren wird die Virtuosin mit koreanischen Wurzeln auch von der großen Pianistin Martha Argerich gefördert, mit der sie am 10. Januar auch zusammen in Hannover auftreten wird. Das ist natürlich ein Ritterschlag für die junge Musikerin, die auf ihrer neuen CD Stücke von Franz Liszt spielt. Der hat einerseits die technischen Möglichkeiten des Klavierspiels enorm erweitert, er war aber auch ein Lyriker und Poet an den Tasten. Shin-Heae Kang zeigt auf ihrem Album beide Seiten von Liszt, aber auch verschiedene Facetten ihrer eigenen Künstlerpersönlichkeit. Sie hat eine formidable Spieltechnik, die Liszt jederzeit gewachsen ist, sie kann aber auch wunderbar „singen“ auf dem Klavier. In Liszts berühmtem Liebestraum Nr. 3 und seiner „Consolation“ in Des-Dur kann man Shin-Heae Kang als Klangmalerin mit feiner Farbpalette erleben (…)

Die jetzt 32-jährige Shin-Heae Kang kann schon auf eine eindrucksvolle Karriere zurückblicken. Sie war zu Gast auf vielen der wichtigen Festivals in ganz Europa, und 2012 wurde sie von Martha Argerich zu deren Festival nach Lugano eingeladen. Seitdem wird sie von ihrer berühmten Kollegin gefördert, und am 10. Januar werden Shin-Heae Kang und Martha Argerich gemeinsam in Hannover auftreten. Auf ihrer neuen Liszt-CD kann man Shin-Heae Kang nicht nur als klangsensible Poetin am Klavier erleben, sondern auch als furchtlose Virtuosin mit großer Klaviertechnik. In Liszts enorm anspruchsvoller „Rhapsodie Espagnole“ überzeugt sie mit viel Temperament und kontrolliertem Feuer (…)

Und die 32-jährige Pianistin aus Kiel brennt hier ein virtuoses Feuerwerk ab, das nicht nur ihre grandiose Technik, sondern vor allen Dingen ihre große Musikalität zeigt. Zu hören ist das Stück auf Shin-Heae Kangs aktueller CD mit Klavierwerken von Franz Liszt. Am 10. Januar wird die junge Virtuosin zusammen mit ihrer weltberühmten Kollegin Martha Argerich live in Hannover auftreten, zusammen mit der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Andrew Manze.

KLASSIK HEUTE

*Klassik Heute Empfehlung*

Die Pianistin Shin Heae Kang fasziniert bei Franz Liszt vor allem dessen Bezugnahme auf außermusikalische Ideen etwa aus der Literatur. Dies entfaltete für Franz Liszt so viel Imagination und Bildkraft, dass er daraus sogar titelgebende Programm-Ideen formulierte. Liszts Klaviermusik wirkt jedoch in bester Hinsicht absolut - zumindest, wenn berufene Interpretinnen und Interpreten sich der Materie annehmen, wie etwa die aus Kiel stammende Pianistin koreanischer Herkunft!

Shin-Heae Kang reflektiert auf ihrer neuen CD in einem eigenen klugen Begleittext ihren persönlichen Zugang. Vor allem die „tonartliche Verschmelzung unterschiedlichster Lebens- und Existenzbereiche“ habe es ihr angetan. Daraus folgte bei diesem Projekt eine klug durchdachte Stücke-Auswahl, die bestens dazu angetan ist, eine musikalische „Geschichte“ im besten Sinne zu erzählen. Denn dies leistet das Spiel dieser Pianistin allemal. Feinfühlig eröffnet ein intimer, balladesker und dynamisch kontrolliert anwachsender Bogen im Liebestraum Nr. 3 alle Tore zu einem sensiblen Hörerlebnis. Diese Eröffnung und alle daraus folgenden Programmpunkte lassen alles, nur nie die Aura von irgend einer Eitelkeit des vermeintlichen Exzentrikers Liszt aufkommen. Hier wirkt musikalische Wahrheit jedem Klischee bestens entgegen. Also bleibt auch die riesige Bandbreite an expressiven und pianistischen Verfahren in den Six Grandes Études de Paganini nicht im Circensischen stehen. Dafür ist Shin-Heae Kang in jedem Moment an durchdringender Klarheit und vorbehaltloser Einfühlung in die Stimmungszustände gelegen. Sensibel versetzt Shin Heae Kangs Spiel die Figurationen in einen silbrigen Glanz, der funkelt, aber nie blendet, der herrlich leichtfüßig und mit pointierter Akzentierung die vielen
pianistischen Möglichkeiten auskostet, was vor allem im Variationensatz der sechsten Étude de Paganini ein echtes „Kaleidoskop“, so der von Shin-Heae Kang gewählt Titel für ihre CD, offenbart. Die Geschichte dieses Komponisten, der sich so wenig auf einen Aspekt reduzieren lässt, wird in einer stimmigen Bandbreite weiter erzählt. Vor allem der zweite, große Programmschwerpunkt auf dieser CD, die Fantasie-Sonate aus den Années de Pelerinage, welche von Dantes Ideenwelt inspiriert war, gerät unter Shin-Heae Kangs Spiel zu einem tiefgehenden Seelenpsychogramm, dem viel darstellerische Konsequenz zu Grunde liegt. Die Spiellust dieser Interpretin und der Freigeist dieses Komponisten sind auf jeden Fall eine glückliche Kombination. Schon die Umbrüche der musikalischen Moderne vorausahnend, war die Überwindung von Konventionen ein großes Lebensanliegen von Liszt. Auch reiste er mit offenen Ohren, um dadurch auch das melodische Rohmaterial für seine glutvolle Rhapsodie Espagnole einzufangen.

Spätestens nach dieser musikalischen Lebensgeschichte, die von Shin-Heae Kangs hellsichtiger pianistischer Lesart vermittelt wird, dürfte kein Hörer mehr der Versuchung erlegen sein, diesen Komponisten auf nur auf den Aspekt des eitlen Virtuosentums zu reduzieren. Diese Aufnahme macht deutlich: Diesem Komponisten und nicht minder dieser hellwachen Interpretin geht es um nichts weniger als ums große Ganze!

Landeszeitung Lüneburg

Dass eine Pianistin, die mit Weltstar Martha Argerich in der Elbphilharmonie auftritt, die sich schon um die halbe Welt spielt, die beim Schleswig-Holstein Musik Festival und vielen anderen gastiert, die laufend Preise einheimst, dass also Shin-Heae Kang erst jetzt ihr Debüt-Album vorstellt, das ist schon eigenartig. Die in Kiel geborene Musikerin ist Argerich-Meisterschülerin, gemeinsam werden sie in einem Neujahrskonzert auch den Großen NDR-Sendesaal in Hannover zu dessen Wiedereröffnung bespielen. Ihr Album widmet Shin-Heae Kang ganz Franz Liszt und durchmisst das ganze Spektrum menschlicher Gefühle. Ihr gelingt das Entscheidende, den hohen virtuosen Ansprüchen nämlich die pure Bravour zu nehmen und tiefer in die Werke einzudringen - vom „Liebestraum Nr. 3“ bis zur „Rhapsodie Espagnole“.

Elbe-Jeetzel-Zeitung

Rauschhaft und schwelgerisch - Großer Applaus für Pianistin Shin Heae Kang im Ostbahnhof

Mit begeistertem Applaus honorierte das Publikum das Konzert der Pianistin Shin-Heae Kang. Sie ist seit mehr als zehn Jahren immer wieder Gast in Dannenberg.

Sie erntete am Sonnabend großen Applaus und Bravo-Rufe für ein Bravourstück der Klangkultur. Liszt hatte sich von Dantes Göttlicher Komödie inspirieren lassen, also rauschte Shin Heae Kang durch die Hölle, als hätte sie zehn Finger an jeder Hand und den Fuß auf dem Gaspedal. Und sie schwelgte in den poetischen und versöhnlichen Passagen auf dem Weg zur Verklärung.

Die Sonate war das rauschhafte Finale eines Klavierkonzerts, bei dem die Pianistin ihr Publikum mit einer Sonate von Domenico Scarlatti einstimmte. Ein Werk, das den Übergang vom Barock zur Klassik bildet und in dem die Pianistin volksliedhafte Motive betonte - als Überleitung zur Sonate Nr. 3 von Johannes Brahms mit tänzerischen Rhythmen, Effekten von Trommelwirbeln und galoppierenden Pferden. Schon in diesem Werk deutete Shin Heae Kang die Klangfülle eines Orchesters an. Sie brachte dieses Kunstwerk in der "Waldstein"-Sonate von Ludwig van Beethoven zur Vollendung.

Die 32-jährige in Kiel geborene Pianistin koreanischer Herkunft hat als Solistin mit den Berliner Symphonikern konzertiert, war Gast des Mariinsky International Piano Festivals in St. Petersburg sowie des Schleswig-Holstein Festivals, sie spielte vor großem Publikum in europäischen Hauptstädten. Dass sie jedes Jahr in Dannenberg ein Gastspiel gibt, sei Pastor Eberhard Malitius zu verdanken, erklärte Patricia Allgayer-Reetze, ehemalige Vorsitzende des Kulturrings. Malitius habe sie als hochbegabte Teenagerin für den Kulturring entdeckt. Kang hatte ihr erstes Konzert in Dannenberg kurz vor ihrem Abitur gegeben.

NDR Kultur

Virtuosität als Nebeneffekt

(…) Die in Kiel lebende Pianistin Shin-Heae Kang hat eine berührende Liszt-CD vorgelegt. „Seine Werke habe ich zum ersten Mal gespielt, als ich 7 Jahre alt war. Ich war sehr fasziniert. Mit acht Jahren hatte ich seine Kompositionen im Konzert gespielt und auch oft nach Klavierkonzerten als Zugabe - immer war Liszt dabei. Die Werke, die ich eingespielt habe, begleiten mich schon seit einer gewissen Zeit. Ich wollte auch gerne seine Vielfältigkeit mit dieser CD-Aufnahme darstellen.“ Obwohl Shin-Heae Kang bereits etliche Aufnahmen gemacht hat - auch für den Funk -, ist dies nun ihr eigentliches CD-Debüt mit Anfang 30. Ein rundum reifer und gereifter Einstand. Jeder Takt atmet große Erfahrung, Stilempfinden und tiefe Menschlichkeit. (…)

Die 1987 in Kiel geborene Pianistin koreanischer Abstammung hat ihre CD Kaleidoscope genannt. „Die Persönlichkeit und das Leben von Franz Liszt waren ja unglaublich schillernd vielfältig, und ich finde das Wort Kaleidoscope, dieser Begriff fasst das alles sehr gut zusammen, generell sein Leben. Er war ja sehr beliebt als Konzertpianist und war viel gereist, was ungewöhnlich war zu seiner Zeit, erhielt umfangreiche Eindrücke von anderen Kulturen, und setzte sich intensiv mit der weit gespannten geistigen Vielfalt der europäischen Kultur auseinander.“ (…)

Die Pianistin ist nicht nur von der Musik Franz Liszts fasziniert, sie interessiert sich auch für die Einflüsse, die Entstehungsgeschichte. „Er wurde von verschiedensten Lebensquellen inspiriert, zum Beispiel von der Literatur - was mit der Dante-Sonate zusammenkommt - oder eben von den verschiedensten Kulturen - was auch durch die Spanische Rhapsodie dargestellt wird - aber auch von anderen großen Künstlern und großartigen Kunstwerken, die ihn inspiriert haben, zum Beispiel die Geigenkaprizen von Paganini für Klavier zu transkribieren und dabei auch die pianistischen Möglichkeiten und die innovativen Möglichkeiten des Klavierbaus voll auszuschöpfen. Das Künstlersein hat ihm viel zu verdanken, denn er war ein Star, was neu war in der Zeit, und er hat versucht den Kulturbetrieb zu revolutionieren und hat ihn auch demokratisiert, indem er das klassische Konzert für die Masse zugänglich gemacht hat.“ (…)

Die Glöckchen-Etüde La Campanella von Franz Liszt, sorgsam durchstrukturiert von Shin-Heae Kang, die auch hier nichts dem Zufall überlässt. Alle technische Meisterschaft stellt sie in den Dienst einer schlüssigen Dramaturgie, legt Facetten in der Musik frei, die sonst häufig von Kraftmeierei überlagert werden. Der Begriff „virtuos“ kommt ja eigentlich von „tugendhaft“ und nicht von schnellem, fehlerfreiem Spiel. Beeindruckende Gestaltungskraft zeigt Shin-Heae Kang auch in der sechsten Variationsetüde. (…)

Auch in den zurückgenommenen, nach innen gekehrten Werken beweist Shin-Heae Kang Sinn für Binnenspannung. Sie meidet Kitsch und verblüfft mit einer Anschlagstechnik feinster Valeur, etwa in der Consolation Nr. 3. Dem Geheimnis Liszt immer auf der Spur gibt sie mit dieser CD vielschichtige Antworten. „Es waren nicht Details aus seinen Werken, sondern es war immer diese Aura, die seine Werke ausstrahlten, was mich so beeindruckt hat, und weshalb ich mich auch immer so intensiv mit seinen Werken auseinandergesetzt und geforscht habe. Er war sehr hin- und hergerissen zwischen der Geistlichkeit und der Weltlichkeit, aber dieses Hingezogensein zur Geistlichkeit rührte daher, dass er stets nach dem Sinn der Existenz suchte, und indem er spirituelle Schriften gelesen hat, hat es ihm - sozusagen seiner Seele und seinem Geist - Nahrung und Ideen gegeben und seine künstlerische Vorstellungskraft produktiv beeinflusst.“

Und wer hat Shin-Heae Kang Ideen gegeben, von wem wurde sie beeinflusst? Man könnte sagen von vielfältigen Klangvorstellungen. Sie spielte auch Geige und Querflöte, hat neben Klavier zudem Gitarre studiert und wurde mit dem Instrument auch 1. Preisträgerin beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Neben alldem blieb noch Zeit, Landesmeisterin in Rhythmischer Sportgymnastik zu sein, Taekwondo zu trainieren und Fußball zu spielen. Prägend in Sachen Klavier waren die Musikhochschule in Lübeck, anschließend in Hannover Karl-Heinz Kämmerling, bei dem Shin-Heae Kang das Studium erfolgreich abschloss.

Und schließlich Martha Argerich. „Als ich neun Jahre alt war habe ich eine CD geschenkt bekommen mit dem 1. Klavierkonzert von Liszt mit Martha Argerich. Ich dachte, ich höre nicht richtig, was da alles auf dem Klavier zustande gebracht wird. Zum ersten Mal hatte ich so etwas gehört. Das hat mich sehr beeinflusst, auch die Vorstellung, wie man Klavier spielen könnte. Ich habe die Aufnahme rauf und runter gehört. (…) Es wird ja oft gesagt, dass Liszt so oberflächlich sein könnte. Sein Ziel war es, den Wert des Künstlers im sozialen Gefüge zu heben, und das hat er auch erreicht, und deswegen sehe ich es als sehr positiv an, was er für die Künstler geschaffen hat.“

Schließlich kam der Tag, an dem Shin-Heae Kang Martha Argerich persönlich kennenlernen durfte. „Sie hatte beim Schleswig-Holstein Festival gespielt, und ich wurde ihr vorgestellt. Sie sprach dann mit mir, aber ich war zunächst so überwältigt, sie vor mir zu haben, dass ich kein Wort herausbrachte. Aber sie fragte mich alles. Sie sagte dann, sie würde in Lugano immer ein dreiwöchiges Festival geben, und da könne ich ihr mal vorspielen. Dann habe ich ihr dort im Radio Svizzera Italiana im Auditorium etwa eine Stunde vorgespielt. Nach dem Vorspiel sagte sie, dass sie zukünftig gerne mit mir zusammenarbeiten möchte. Ich erhalte sehr viele Ratschläge von ihr und begleite sie auch mal auf Tourneen. Dabei lerne ich einfach unglaublich viel.“

Anfang nächsten Jahres wird Shin-Heae Kang gemeinsam mit Martha Argerich und der NDR Radiophilharmonie auftreten. Unter Leitung von Andrew Manze werden sie das Konzert für zwei Klaviere von Francis Poulenc aufführen zur Wiedereröffnung des neu renovierten Großen Sendesaals im NDR Landesfunkhaus in Hannover. Schon mal vormerken am 10. Januar, und bis dahin Kaleidoscope hören, Shin-Heae Kangs Liszt-CD, sie ist bei Oehms Classics erschienen, und lohnt in jeder Hinsicht. Selbst bekannte Werke können, dank des tief empfundenen Spiels in dieser geschmackvollen Aufnahme neu entdeckt werden. (…)

Die Musikalität ist schier beeindruckend. Shin-Heae Kang versteht es, die Idee hinter jedem Stück zu zeigen. (…)

Deutschlandfunk Kultur

(…) Virtuosenfutter möchte ich Ihnen in der heutigen Klassik-Kolumne vorstellen – und ganz nebenbei den Beweis antreten, dass auch Kompositionen, die auf Virtuosität und Effekt hin gearbeitet sind, durchaus Zwischentöne und Differenzierungen zulassen. (…)

„La Campanella“ – das Glöckchen läutet in Franz Liszt gleichnamiger Paganini-Etüde zunehmend virtuos. Die Kieler Pianistin Shin-Heae Kang begnügt sich nicht damit, den Anstieg auf der Virtuositätsleiter von Variation zu Variation tastenflink abzubilden, sondern verleiht dem wohlbekannten Reißer einen noblen, geistesgegenwärtig abgetönten Grundton, aus dem heraus sich allerlei Farben-Feuerwerke abschießen lassen. Kang spielt stets federnd und leicht, ohne bedeutungsschwangeres Donnergrollen und ohne vordergründige Effekte. Und das innere Leuchten, das sie in der Etüde „La Chasse“ entfacht und als Ausgangspunkt schier atemberaubender Spannungsbögen nutzt, ist ein ruhiger Höhepunkt dieser sehr schönen Klavier-CD. Muss man gehört haben.

Pizzicato

Kein Showmusizieren, keine vordergründige Brillanz, sondern die Suche nach musikalischen Inhalten prägen das Spiel der deutsch-koreanischen Pianistin Shin-Heae Kang auf der neuen CD Kaleidoscope. In einem reinen Liszt-Programm (Paganini Etudes, Dante Sonate, Rhapsodie Espagnole …) hat sie technisch alles, um virtuos zu spielen und musikalisch die Intelligenz, um die Virtuosität dem Dienste an der Musik unterzuordnen. Das lässt ihr Spiel so differenziert wirken.

O-Ton - Kulturmagazin

Die ganze Gefühlspalette

Sie spricht vier Sprachen fließend und das ist auch gut so, denn längt ist Shin-Heae Kang auf den Konzertbühnen der Welt unterwegs. Mit zwei Jahren begann sie auf dem Klavier nach Gehör zu spielen, mit drei Jahren gab es den ersten Klavierunterricht. Seit ihrem sechsten Lebensjahr studierte sie an der Musikhochschule in Lübeck ehe sie ihr Studium in Hannover bei Karl-Heinz Kämmerling vollendete. Seit vielen Jahren hat sie auch Martha Argerich unter ihre Fittiche genommen. Was es bisher von ihr nicht gab war ein Album bis zum März diesen Jahres, als sie endlich ihr Debüt Album in der Friedrich-Ebert-Halle in Hamburg-Harburg aufnahm. Dieses Album ist am 13. September unter dem Titel Kaleidoscope erschienen und zeigt einen Ausschnitt aus dem kompositorischen Schaffen Franz Liszts für das Klavier. Im Mittelpunkt des Kaleidoscopes stehen die sechs großen Paganini-Etüden. 1831 inmitten seiner schweren Schaffenskrise hörte Franz Liszt den italienischen Geiger im Konzert und war fortan überzeugt der Paganini des Klaviers werden zu wollen. Sieben Jahre später stellte er eine erste Fassung seiner Etüden vor, musste aber in der täglichen Praxis am Klavier feststellen, dass er im Schwierigkeitsgrad ein wenig hochgegriffen hatte, so entstand 1851 eine zweite Fassung die nun auch auf dem Album von Kang zu hören ist. Sie ist eleganter, transparenter und klangfreundlicher als das Original. Während die Etüden zu den weniger bekannten Stücken Liszts gehören eröffnet Kang das Album mit einem der berühmtesten Werke des Komponisten, das gern und oft gespielt wird. Der Liebestraum Nr. 3 gehört zum Standart-Repertoire eines Pianisten. Das Stück ist zur Eröffnung besonders geschickt gewählt, weil hier der Hörer auch ohne größere Kenntnisse vom Wirken Franz Liszts gleich in das Thema findet und sich wohl fühlt. Wie im Kaleidoskop jenem Fernrohr-ähnlichen Spielzeug, das die glitzernden Glassteinchen beinhaltet die bei jeder Betrachtung neue Muster und Formen ergeben wirft Kang Schlaglichter auf das Schaffen Liszts. Da taucht der Trost Nr. 3 auf, der später in der Ungarischen Rhapsodie Nr. 1 Wiederverwendung findet, oder die Hommage an Dante Alighieri, dessen Göttliche Komödie ihn besonders faszinierte. Besondere Beachtung findet sicher die Widmung, mit der er ein Werk Robert Schumanns transkribierte. Eine der Stärken von Franz Liszt war die Transkription, die allerdings vor allem in seinen jungen Jahren nicht unkritisch betrachtet wurde. Shin-Heae Kang hat sich mit ihrem Debüt-Album viel Zeit gelassen und sie hat das Programm mit Bedacht gewählt. Es hätte ein Vorschlag ihrer Mentorin Martha Argerich sein können. Das Album ist so gut gelungen, dass man es den lieben langen Tag rauf und runter hören kann. So muss ein Debüt-Album sein!